Max Niederschick:
Typen waren ja immer ein bissl ein Stiefkind in der digitalen Welt; und ganz ehrlich … irgendwie sind sie es ja noch immer.
Große Player, wie Google oder Adobe haben hier sicherlich einen Sack voller Möglichkeiten aufgemacht.
Die Anwendung hinkt aber weiter hinterher.
Dabei sind die Anforderungen an die Typografie in der digitalen Welt ja nicht geringer als in der analogen:
Gute, angewandte Typografie schafft Organisation, Identität, Emotion und am wichtigsten … Lesbarkeit. Mein Lieblingsthema 😉
Denn klar, kann man zum tausendsten Mal eine Arial für die aktuelle Website verwenden, oder auch im Visual zu einem social-media-Beitrag, aber nur gute Typen sorgen dafür, dass Texte für die Nutzer angenehmer zu lesen sind und fördern so eine längere Verweildauer auf einer Website oder in einem social-media-Beitrag.
Dies wiederum erzeugt Emotion, vermittelt Botschaften, spricht Zielgruppen an, schafft Identitäten und … fördert die Markentreue.
Die Verwendung der richtigen Schriftart, die zum Markenimage passen, trägt dazu bei, die visuelle Konsistenz zu erhöhen und das Markenerlebnis für die Nutzer zu stärken.
Kurz gesagt: Ohne funktionierende Typo keine funktionierende Marke. Auch online!
Typografie hilft aber gerade im Online-Bereich dabei, Informationen zu strukturieren und eine klare Hierarchie zu schaffen.
Durch die Verwendung von verschiedenen Schriftgrößen, -stilen wird die Aufmerksamkeit der Nutzer gelenkt und der User unterstützt, sich auf Inhalte zu konzentrieren.
Aber bitte: Online braucht es noch weniger Schriftschnitte oder -größen!
Apropos Konzentration:
Typografie spielt eine wichtige Rolle beim Thema Barrierefreiheit von Websites und digitalen Inhalten.
Die richtige Wahl von Schriftart, Schriftgröße, Zeilenabstand und Kontrastverhältnissen trägt dazu bei, dass Menschen mit Sehbehinderungen oder anderen Leseschwierigkeiten den Inhalt besser verstehen können.
Darüber hinaus sind die digitalen Anwendungen/Typen auch Treiber für Innovationen im Themenbereich Legasthenie.
Gerade hier ist es wichtig, dass jeder Buchstabe eine eigene Form hat und trotzdem „beruhigend“ für die Leser·innen wirkt.
Andika Basic oder Open Dyslexia, um nur zwei Vertreterinnen zu nennen, haben hier vieles zum Positiveren verändert.
Ich bin überzeugt, dass eine funktionierend eingesetzte Schrift die User-Experience massiv verbessert, aber das ist ja nichts Neues, nur weil die Welt digitaler geworden ist 😉
Das war bei Büchern schon immer so, und natürlich auch bei Magazinen. Nimm eine nicht funktionierende Schrift und kein Mensch liest dein Buch!
Weil es anstrengend ist, du dich schwer konzentrieren kannst.
Das ist kein Hexenwerk, wird aber viel zu wenig ernst genommen, weil sich viele Verlage/Gestalter nicht die Zeit nehmen wollen, sich mit dem Thema Typografie auseinanderzusetzen.
Zwischenfrage: Du sprichst immer von funktionierender Typografie?
Ja klar. Gerade bei den professionellen Schriften gibt es einerseits Standards, die (fast) immer klappen. Aber da ist ja soviel mehr.
Und Schriften sind nicht schnell mal schön oder hässlich.
Schriften funktionieren besser oder weniger gut: Wenn ich egal ob digital oder gedruckt die User·innen erreichen möchte, dann muss ich eine funktionierende Type finden.
Denn eine funktionierende Schrift ist in ihren Eigenheiten auch „schön“, sie ist ausgewogen in den Gewichten, unterstützt die Leser:innen, ist vielleicht übelst disruptiv … funktioniert. Für ihren Einsatzzweck.